Unterirdisch scheisse: Underground-Technoszene in München


 

München ist die Stadt des Kommerz. Und der Kommerz ist der Tod des Techno. Deshalb wollen wir uns jetzt gar nicht erst mit EDM, absurd hohen DJ-Gagen und Calvin Harris beschäftigen, das habt ihr alle schon zehn mal gelesen, sondern euren Blick auf das exakte Gegenteil der Festival-Headliner-Kultur richten:

Die Underground-Szene. Das exakte Gegenteil? Nicht unbedingt.

Underground ist cool. Secret Raves, Off-Locations, feiern bis die Polizei die Party auflöst. Cooler sein als die Leute mit den bunten Sonnenbrillen, die sich fünf mal jährlich shuffelnd (oder schlimmer: unkontrolliert und ohne jegliches Gefühl für Takt herumhüpfend, in der Hoffnung es käme einem Shuffeln nahe. Mädels, ihr müsst nicht shuffeln können um echte “Raver” zu sein. Verbiegt euch nicht und tanzt einfach wie ihr wollt, sieht besser aus.) und Konfetti streuend auf den gängigen Münchner Grossveranstaltungen zusammenfinden. Danach viele bunte Instagram-Bilder. Hashtag Rave. Nein nein, der Untergrund ist cooler. Düsterer. Schwärzer. “Wear black!”, heisst es auf der Facebook-Seite einer Veranstaltung. Moment – Facebook-Veranstaltung? Und nun kommen wir zu den Punkten, die zeigen, dass der “Underground” mit Underground ungefähr so viel zu tun hat, wie… Calvin Harris.

Fakt 1:

Facebook. Wo liegt denn nun der Unterschied zwischen den wöchentlichen Facebook-Veranstaltungen meines Lieblingsclubs, der Facebook-Veranstaltung von Isle of Summer und der Facebook-Veranstaltung eines Secret Raves? Alles ist öffentlich. Jeder kann zusagen. Tickets kauft man am besten gleich im angebotenen Vorverkauf. Den Unterschied machen eigentlich nur die wahllos in Titel und Infotext geworfenen “Secrets”, “Warehouses” oder “Undergrounds”.

Fakt 2:

“Secret” – “Warehouse” – “Underground”: Besonders bei dem Wörtchen “secret” stellt sich doch des Öfteren die Frage, in welcher Klasse der Veranstalter angefangen hat, den Englischunterricht zu schwänzen. “Secret” bedeutet geheim. Eine öffentliche Facebook-Veranstaltung ist nicht geheim. Eure Off-Location auch nicht. Euren Facebook-Gästen verratet ihr sie zwar erst am Tag davor – Spannung und so – aber bei der Stadt habt ihr euren Rave natürlich längst gemeldet. Was ich überhaupt nicht bemängle, ich will ja auch nicht dass die Party, für die ich am besten noch 20 € Eintritt zahle, nach einer Stunde gesprengt wird. Aber dann ist es eben kein “Underground Secret Rave”, sondern eine stinknormale, durchorganisierte Party.

Fakt 3:

Das Underground-Gehabe: “Hard Techno” – ich kann es nicht mehr hören. Am Ende der Minimal-Phase, die jeder von uns zu Beginn seines Technodaseins einmal durchlebt, ist erstmal alles Hard Techno, was nicht Minimal oder Deep House ist. Dass man das “Hard” auch streichen kann und es einfach nur Techno ist, wie Techno eben ist und sein soll, stellt man erst danach fest. Oder man verwendet es möglichst oft und möglichst plakativ. Um zu zeigen, wie düster und “underground” die Veranstaltung doch ist. Den ersten Platz auf der Liste der lächerlichsten Infotexte belegt immer noch eine Veranstaltung, wo sogar von einer ganzen geheimen Untergrund-Szene gesprochen wird, die durch die Partyreihe neu gegründet werden soll. Untergrund-Szene neu gründen? Eine Szene gründet man nicht, eine Szene entsteht von selbst. Und schwarz gekleidet sein, macht auch keine Szene aus. Und Underground seid ihr auch nicht. Ihr seid die Typen, die ihre bunten Sonnenbrillen gegen schwarze getauscht haben.

Quelle: mucbook.de

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